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Architektenpflichten bei der Kostenplanung

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Der Bundesgerichtshof hat die Pflichten eines Architekten im Hinblick auf die Ermittlung und Berücksichtigung der Kosten eines von ihm zu planenden Bauwerks präzisiert:

  • Der Architekt verletzt regelmäßig seine Vertragspflichten, wenn er ohne verlässliche Kenntnis von den wirtschaftlichen Möglichkeiten des privaten Auftraggebers die Planung eines Wohnhauses vornimmt.
  • Die vom Auftraggeber im Rahmen der Grundlagenermittlung dem Architekten gegenüber zum Ausdruck gebrachten Kostenvorstellungen sind in dem Sinne verbindlich, dass sie vorbehaltlich einer Änderung den Planungsrahmen bestimmen und jedenfalls dann regelmäßig zum Vertragsinhalt werden, wenn der Architekt ihnen nicht widerspricht.
  • Diese Kostenvorstellungen sind auch dann beachtlich, wenn sie nicht eine genaue Bausummenobergrenze enthalten, sondern nur Angaben zur ungefähren Bausumme, mit denen ein Kostenrahmen abgesteckt wird.

Der Beklagte beauftragte 1998 einen Architekten mit der Genehmigungsplanung für ein Wohnhaus. Die vom Architekten vorgelegte Planung wurde nicht realisiert. Nach der Behauptung des Beklagten war sie für ihn unbrauchbar, weil sie mit Baukosten von über 1,5 Mio. DM weit über dem vorgegebenen Kostenrahmen von 800.000 DM gelegen habe. Der Architekt stellte dem Beklagten die erbrachten Planungsleistungen in Rechnung und erhob gegen ihn schließlich Klage auf Zahlung des Honorars.

Die Klage hat in den Vorinstanzen beim Landgericht Schweinfurt und dem Oberlandesgericht Bamberg überwiegend Erfolg gehabt. Das Oberlandesgericht Bamberg hat den Einwand des Beklagten, die Planung sei für ihn unbrauchbar gewesen, nicht gelten lassen. Eine vom Architekten bei seiner Planung einzuhaltende Bausummenobergrenze von 800.000 DM sei nicht vereinbart worden. Der Bundesgerichtshof sah dies nun jedoch anders:

Der Architekt sei, so der Bundesgerichtshof, grundsätzlich verpflichtet, bereits im Rahmen der sogenannten Grundlagenermittlung mit dem Auftraggeber den wirtschaftlichen Rahmen für ein Bauvorhaben abzustecken und dessen Kostenvorstellungen zu berücksichtigen. Diese dem Architekten gegenüber zum Ausdruck gebrachten Kostenvorstellungen seien in dem Sinne verbindlich, dass sie – vorbehaltlich einer nachträglichen Änderung – den Planungsrahmen bestimmen und jedenfalls dann regelmäßig zum Vertragsinhalt werden, wenn der Architekt ihnen nicht widerspricht.

Solche Kostenvorstellungen sind nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch dann beachtlich, wenn sie nicht eine genaue Bausummenobergrenze enthalten, sondern nur Angaben zur ungefähren Bausumme, mit denen ein Kostenrahmen abgesteckt wird. Etwaige Zweifel über den Umfang des Kostenrahmens muss der Architekt aufklären, was auch durch die von der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure erfassten Kostenermittlungen für den Auftraggeber geschehen kann. Überschreitet der Architekt den vorgegebenen Kostenrahmen und ist die Planung deshalb unbrauchbar, so kann der Anspruch auf Honorar entfallen. Der Bundesgerichtshof hat die Nichtbeachtung dieser Grundsätze durch das Berufungsgericht beanstandet und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Planungsleistung eines Architekten entspricht nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn sie ein Bauwerk vorsieht, dessen Errichtung höhere Herstellungskosten erfordert, als sie von den Parteien des Architektenvertrags vereinbart sind. Der Architekt ist verpflichtet, die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten des Bauwerks zu beachten. Dabei muss er nicht nur genau vereinbarte Baukostenobergrenzen einhalten. Vielmehr ist er auch verpflichtet, die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen. Solche Kostenvorstellungen muss er grundsätzlich im Rahmen der Grundlagenermittlung erfragen. Denn der Architekt ist bereits in diesem Planungsstadium gehalten, den wirtschaftlichen Rahmen für ein Bauvorhaben abzustecken. Insbesondere beim privaten Auftraggeber, dessen wirtschaftliche Verhältnisse nicht offen liegen und der die ihm aufgrund seiner Bauvorstellungen entstehenden Kosten regelmäßig schlecht einschätzen kann, ist eine gründliche Aufklärung notwendig. Der Architekt verletzt regelmäßig seine Vertragspflichten, wenn er ohne verlässliche Kenntnis von den wirtschaftlichen Möglichkeiten des privaten Auftraggebers die Planung eines Wohnhauses vornimmt. Er muss diese aufklären und darf nicht ohne Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse des privaten Auftraggebers planen.

Inwieweit der Auftraggeber seine Kostenvorstellungen ausreichend zum Ausdruck gebracht hat, muss durch Würdigung im Einzelfall ermittelt werden. Eine Erklärung, die Baukosten sollten maximal einen bestimmten Betrag nicht überschreiten, bringt die einzuhaltende Kostenvorstellung ausreichend zum Ausdruck. Nicht zwingend notwendig ist, dass der Auftraggeber dem Architekten gegenüber die Kostenvorstellungen selbst äußert. Es kann nach den Umständen des Einzelfalles ausreichen, dass diese Vorstellungen von den am Aufklärungsgespräch mit dem Architekten beteiligten Familienmitgliedern geäußert werden und der Auftraggeber ihnen nicht widerspricht oder anderweitig zum Ausdruck bringt, dass dies auch seine Vorstellungen sind. Die vom Auftraggeber im Rahmen der Grundlagenermittlung dem Architekten gegenüber zum Ausdruck gebrachten Kostenvorstellungen sind in dem Sinne verbindlich, dass sie vorbehaltlich einer Änderung den Planungsrahmen bestimmen und jedenfalls dann regelmäßig zum Vertragsinhalt werden, wenn der Architekt ihnen nicht widerspricht. Jedenfalls sind sie beachtlich, wenn der Architekt erklärt, das schaffe er schon. Es ist das Wesen des Architektenvertrags, dass nicht alle Planungsvorgaben bereits beim Abschluss des Vertrages feststehen, sondern erst im Laufe des Planungsprozesses entwickelt und zum Vertragsinhalt werden. Zu solchen im Laufe des Planungsprozesses zu entwickelnden Planungsdetails gehören auch die Kostenvorstellungen des Auftraggebers hinsichtlich der Errichtung des Bauwerks, wenn sie nicht bereits bei Abschluss des Vertrags zum Ausdruck gebracht worden sind. Diese Kostenvorstellungen sind auch dann beachtlich, wenn sie nicht eine genaue Bausummenobergrenze enthalten, sondern nur Angaben zur ungefähren Bausumme. Derartige Angaben stecken im Regelfall einen Kostenrahmen ab, den der Auftraggeber nicht überschreiten will. Gibt er seiner Kostenvorstellung mit einer Angabe Ausdruck, die eine mit „circa“ bezeichnete Summe enthält, so ist diese Bausumme für den Planer insoweit beachtlich, als sie ungefähr einzuhalten ist. Inwieweit eine „circaAngabe“ Planungsspielraum „nach oben“ lässt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Der Architekt ist im Laufe des Planungsprozesses gehalten, Zweifel über den Grenzbereich der vom Auftraggeber noch hingenommenen Herstellungskosten auszuräumen. Dazu kann zum Beispiel die von ihm anzustellende Kostenschätzung dienen. Hält diese sich in dem Rahmen, der von der „circaAngabe“ abgedeckt sein könnte, so darf der Architekt jedenfalls nach einem entsprechenden Hinweis auf die Problematik des Kostenrahmens regelmäßig darauf vertrauen, dass der Auftraggeber den in den Kostenermittlungen dargestellten Herstellungskosten widerspricht und seine bislang noch unpräzise Angabe verdeutlicht. Ist das nicht der Fall, darf der Architekt die weitere Planung auf der Grundlage der Kostenschätzung entwickeln. Gleiches gilt für die Kostenberechnung, wenn bis dahin nicht bereits der Vertragsinhalt auch hinsichtlich der Herstellungskosten festgelegt ist. Dagegen sind Angaben in einem Bauantrag in der Regel nicht geeignet, den Inhalt des Architektenvertrags zu bestimmen. Sie können lediglich Indiz für einen bestimmten Vertragsinhalt sein.

Das Berufungsurteil lässt nicht erkennen, dass diese Grundsätze beachtet worden sind. Das Berufungsgericht beschäftigt sich lediglich mit einer festen Bausummenobergrenze von 800.000 DM. Es vermisst bestimmte Vorgaben des Beklagten zur Bausumme. Solche Angaben sind hingegen nicht notwendig. Es reicht vielmehr aus, dass die Ehefrau des Beklagten und sein Vater M. gegenüber eine Kostenvorstellung von circa 800.000 DM zum Ausdruck gebracht haben und der in den Gesprächen jeweils anwesende Beklagte diesen nicht widersprochen hat. Mangels anderer Anhaltspunkte hätte M. diese zu beachten gehabt, sofern er nicht seinerseits widersprochen hätte und ein anderer Rahmen vorgegeben worden wäre. Ein solcher Widerspruch läge nicht darin, dass die Herstellungskosten von ihm oder seiner Mitarbeiterin Dr. N. mit 600 DM/cbm angegeben worden seien. Daraus musste der Beklagte nicht ohne weiteres schließen, dass das im Planungsprozess entwickelte Haus die nach seiner Behauptung geäußerte Kostenvorstellung wesentlich überschreitet. Jedenfalls fehlen dazu jegliche Feststellungen. Umgekehrt durfte M. nicht davon ausgehen, dass diese Kostenvorstellungen unverbindlich würden. Keinesfalls durfte M. seine einseitigen Kostenvorstellungen zur Grundlage der Planung machen. Zur von ihm geschuldeten Kostenberatung gehört es geradezu, dass er bei erweiterten Planungswünschen des Beklagten dessen Kostenvorstellungen im Blick hat und ihn darauf hinweist, dass sie den vorgegebenen Rahmen sprengen. Diese Aufgabe hat er – davon ist in der Revision auszugehen – nicht erfüllt. Insbesondere hat er keine Präzisierung oder Änderung des Kostenrahmens nach Vorlage einer Kostenschätzung oder Kostenberechnung erreicht. Die Kostenberechnung ist erst im Laufe des Prozesses vorgelegt worden. Nach der im Revisionsverfahren als richtig zu unterstellenden Behauptung des Beklagten ist ihm eine Kostenschätzung nicht zugegangen.

Allein die Unterzeichnung des Bauantrags durch den Beklagten ist kein ausreichendes Indiz dafür, dass die Parteien sich abweichend von einer ursprünglich vom Beklagten geäußerten Kostenerwartung von circa 800.000 DM auf einen davon abweichenden Kostenrahmen geeinigt haben. Nach der unter Beweis gestellten Behauptung des Beklagten hat er den Bauantrag ohne Kenntnisnahme der dort ausgewiesenen Baukosten den von ihm vorgetragenen Umständen entsprechend in großer Eile unterzeichnet. Diese Behauptung ist für die Revisionsinstanz als richtig zu unterstellen, weil das Berufungsgericht, wie die Revision zutreffend rügt, den Beweis nicht erhoben hat. Im Übrigen hat die Zeugin Dr. N. angegeben, dass über Kosten nicht gesprochen worden sei.

Ansonsten stützt das Berufungsgericht seine Erwägungen dazu, eine Bausummenobergrenze von 800.000 DM sei nicht vereinbart worden, in der Hauptsache darauf, dass der Beklagte in den Planungsprozess eingebunden gewesen sei. Dies belegt nur, dass das geplante Haus seinen Vorstellungen entsprach, ist aber nicht ausschlaggebend für die Frage, ob er bereit war, die Planung trotz der hohen Kosten zu akzeptieren.

Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben, denn es ist nicht auszuschließen, dass die Planung von M. den vertraglichen Anforderungen nicht genügt und für den Beklagten unbrauchbar war, weil das von M. geplante Haus Herstellungskosten von über 1,5 Mio. DM erfordert hätte. Das Berufungsgericht wird erneut in die Beweisaufnahme eintreten müssen und die zur Beschaffenheitsvereinbarung zu erhebenden Beweise unter den vom Bundesgerichtshof entwickelten rechtlichen Gesichtspunkten würdigen müssen. Die neue Verhandlung gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit, seine Auffassung zu überprüfen, die Planungsleistung von M. sei abgenommen. Eine Abnahme der Planungsleistung kann zwar auch darin liegen, dass der Auftraggeber nach Unterzeichnung des Bauantrags und nach Erteilung der Baugenehmigung die Planung stillschweigend als vertragsgerecht billigt. Jedoch kommt das nicht in Betracht, solange er keine Gelegenheit hatte, diese Planung daraufhin zu prüfen, ob sie den Vereinbarungen entspricht. Nach dem unter Beweis gestellten Vortrag des Beklagten kommt ein solcher Sachverhalt in Betracht. Sollte es darauf noch ankommen, wird das Berufungsgericht einen möglichen Schadensersatzanspruch prüfen müssen, der sich daraus ergeben könnte, dass M. seine Verpflichtung nicht erfüllt haben könnte, im Rahmen der Grundlagenermittlung den wirtschaftlichen Rahmen des Bauvorhabens abzustecken und den Beklagten ausreichend und als sichere Grundlage für seine Bauentscheidung über die voraussichtlichen Kosten des Bauvorhabens zu informieren.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. März 2013 – VII ZR 230/11


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